Tagung „Digitalisierung und Wirtschaft 4.0“ – ein Kurzbericht

„Digitalisierung“, „Digitale Transformation“, „Industrie 4.0“ etc. Viele Schlagworte, aber wie bringen – vor allem kleinere – Unternehmen die sich daraus ergebenden notwendigen Veränderungen tatsächlich auf den Boden? Damit beschäftigen wir uns in der coopPSE schon geraume Zeit und da kam die Tagung „Digitalisierung und Wirtschaft 4.0“ gerade recht. Am zweiten Tag war der Mittelstand (KMU) ein Schwerpunkt und daher besuchte unser Mitglied Raimund Wiesinger die Vorträge an diesem Tag. Hier sein Bericht:

Der Tag startete mit einem Motivationsvortrag (The digital WHY), in welchem der Vortragende Europa den USA gegenüber stellte. In den USA herrsche Pioniergeist mit Schwerpunkt auf „Tun, Mut, Talent, Ideen und Kapital(einsatz)“, in Europa aufgrund der erfolgreichen Geschichte eher ein „Verwaltungsgeist“ mit Schwerpunkt auf „bewahren, optimieren und Qualität“, was Veränderung und Erneuerung eher verhindere statt fördere. Die Möglichkeiten der Digitalen Transformation verlangen und ermöglichen jedoch, die Regeln der Wirtschaft völlig neu zu schreiben, was einen radikal neuen Mindset erfordere. Europa sei hier schlecht vorbereitet, USA wesentlich besser, am weitesten sei hier allerdings China. Die Beispiele (Google, Facebook, Uber, etc., oder die chinesische Stadtplanung am Reißbrett) belegten die These, man müsse „klotzen statt kleckern“.

Optimistischer für Europa zeigte sich der 2. Vortragende mit Digital Transformation Leadership, der das WIE der digitalen Transformation v.a. für den Mittelstand ausführte. Hier gehe es darum, großes Wissen in kleinen Schritten in die moderne Welt zu bringen. Dazu verhelfen die beiden Kernfragen „Mache ich die richtigen Dinge?“ und „Mache ich die Dinge richtig?“. Es geht um Kerngeschäft (WAS: Kernkompetenz, Kundennutzen, Prozesse) unter Berücksichtigung der verfügbaren Ressourcen (Mitarbeiter/Innen, Führung, Organisation) und der gegebenen Einflussfaktoren (Datenqualität) und um zielführende Methoden und Haltungen (WIE: Agilität, Risikofreude, Konsequenz). Zur Durchsetzung gegen Widerstände sind Vision und Führungsstärke erfolgsentscheidend.

Um die Digitale Transformation im Unternehmen als sichere Reise statt endlose Odyssee zu gestalten – v.a. im Mittelstand – muss der Zweck erkennbar sein: Feinere, funktionsübergreifende Transparenz allen Geschehens in Echtzeit ermöglicht zum einen Kosten zu reduzieren, indem die Prozesse effektiv und effizient gesteuert werden. Zum anderen können durch besseres Verständnis und Antizipation von Bedürfnissen und Nutzen der Kunden Umsatz und Deckungsbeiträge gesteigert werden. Die Realität im Mittestand (wie Generationenkonflikte, Ressourcenmangel) braucht passende Lösungsangebote für das Notwendige und Mögliche.

Im Pausengespräch teilte der Vortragende noch seine Erfahrung, dass die strategische Vorgangsweise eher den größeren Unternehmen vorbehalten bleibe, wogegen die kleineren Unternehmen des Mittelstands meist mit Insellösungen für brennende Probleme beginnen (z.B. mit der Einführung eines CRM-Systems).

Für die Messung und Bewertung der Ausgangsbasis stellt der Mechatronikcluster Oberösterreich ein Reifegradmodell Industrie 4.0 zur Verfügung. Mittels Beobachtung und Interviews werden die vorhandenen Daten, die Fähigkeit zu ihrer Nutzung („Intelligenz“) und die Bereitschaft zur Veränderung („Digitale Transformation“) bewertet. Aus einem Soll-Ist-Vergleich können angemessene Maßnahmen abgeleitet werden. Allerdings gibt es noch wenig Erfahrung in der Anwendung des Modells.

Zwei Vorträge beschäftigten sich mit Marketing, mit dem Monitoring von Kundenverhalten und dessen Beeinflussbarkeit durch angepasste Präsenz auf vielen Kanälen (Crossmedialität) bzw. mit Neue(n) Wegen in der Digitalen Kommunikation mittels Chatbots und über WhatsApp – nun auch für Unternehmen.

Produkte als Dienstleistungen (Product as a Service – XaaS) werden für Kunden aus vielen Gründen immer interessanter, sie ersparen große Investitionen und machen die Kosten planbarer und Unternehmen können sich auf ihre Kernkompetenz konzentrieren. Das gilt für Unternehmen und Konsument/innen. Für Lieferanten gilt jedoch, dass sich die Investitionen in die benötigte Infrastruktur für Smart Services per Smart Data erst ab einem größeren Volumen rechnet.

 

Die Tagung „Digitalisierung und Wirtschaft 4.0“ fand vom 15. bis 17.5.2019 statt und wurde von der Kongressveranstalterin Akademie 3 (https://www.akademie3.com/veranstalter/) ausgerichtet. Die Vortragenden des 2. Tages waren durchwegs Berater/innen.

Das vollständige Tagungsprogramm finden Sie hier: https://www.akademie3.com/digitalisierung-und-wirtschaft-4-0/, die Tagung wird im Herbst wiederholt: 25. – 27. September 2019

digitalisierung@coopPSE

Auch die coopPSE bleibt konsequent am Thema und wird sich am Montag, den 14.10.2019 (Nachmittag ab ca. 16:30, mit abendlichem Buffet – die Details folgen noch) intensiv damit auseinandersetzen. Wenn Sie die Möglichkeit sehen, als Unternehmer/in etwas beizutragen, sind Sie schon heute herzlich dazu eingeladen.

Gerne empfehlen wir dazu ein praxisnahes Buch: Hess, Th. Digitale Transformation strategisch steuern. Vom Zufallstreffer zum systematischen Vorgehen. https://www.springer.com/de/book/9783658244743

 

Raimund Wiesinger
SpinnRaum e.U.
www.spinnraum.at